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29 nov 2015
[DOCUMENT:
BOOK REVIEWS
META: RESEARCH IN HERMENEUTICS, PHENOMENOLOGY, AND PRACTICAL PHILOSOPHY
VOL. VI, NO. 2 / DECEMBER 2014: 637-638 ISSN 2067-3655, www.metajournal.org
Kein systematischer Baustein des Denkens –
philosophisch belanglos
Friedrich-Wilhelm von Herrmann
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Title: No systematic element of thought – philosophically irrelevant
Keywords: Heidegger, Black Notebooks, history of Being, Antisemitism
Als philosophischer
Hauptmitarbeiter an der
Gesamtausgabe und als
einstiger Privatassistent Martin
Heideggers in dessen
letzten Lebensjahren gebe ich eine
knappe korrigierende
Stellungnahme ab zu der
Manuskriptengruppe
der sog. „Schwarzen Hefte“ oder
„Arbeitshefte“.
Der jetzige
Herausgeber der „Schwarzen Hefte“ wurde
von mir lediglich als
Text-Editor nicht aber als Text-Interpret
empfohlen. Von seinen
international vorgetragenen
Auslegungsversuchen,
die mich ihrer inneren Unwahrheit
wegen tief enttäuscht
haben, muß ich mich um des Denkens
Martin Heideggers und
der Wahrheit willen strikt distanzieren.
Die „Schwarzen
Hefte“ begleiten lediglich das um
1930/31 einsetzende
Seins- oder Ereignisgeschichtliche Denken
Heideggers, d. h. den
zweiten Ausarbeitungsweg der
Seinsfrage. Sie haben
daher einen rein philosophischen Inhalt,
sind aber den großen
Arbeiten des seinsgeschichtlichen
Denkens neben- und
nachgeordnet. Deshalb ist der
philosophische Gehalt
ihrer immer wieder neu einsetzenden
Aufzeichnungen nur
aus den grundlegenden Zusammenhängen
der gleichzeitig
verfaßten Abhandlungen nachzuvollziehen.
Die im Verhältnis zu
den 34 Heften ganz wenigen, in
keinem größeren
Kontext stehenden Textstellen, die sich auf
das Judentum
beziehen, sind philosophisch für das Denken
Heideggers völlig
belanglos und somit überflüssig. Vor allem
bilden sie keinen
gedanklich-systematischen Baustein des
Seinsgeschichtlichen
Denkens. Das bezeugen alle gleichzeitig
verfaßten
Vorlesungen, Vorträge und Abhandlungsmanuskripte,
die nichts
Antisemitisches enthalten.
Das Judentum und
dessen alte und große Geschichte
gehört für
Heidegger nicht in die Geschichte des Seins, die nur
das abendländische
Denken von den Frühen Griechen bis zu
Hegel und Nietzsche
und die neuzeitlich-gegenwärtige
Wissenschaft und
moderne Technik umfaßt, welche letztere für
Heidegger
charakterisiert sind durch das „rechnende Denken“,
in dem Martin
Heideggers Denken eine große Gefahr für die
Menschheit sieht.
Der vom Herausgeber
unscharf und mißverständlich
geprägte Begriff des
„seinsgeschichtlichen Antisemitismus“ in
bezug auf die wenigen
Sätze über die Juden, führt zu der
unheilvollen
Verwirrung, daß das seinsgeschichtliche Denken
als solches
antisemitisch sei.
Heidegger hat auch
nicht „eine Zeitlang so gedacht“, wie
der Herausgeber
formuliert, nämlich so wie in den auf das
Judentum bezogenen
Sätzen. Wenn man derartig pauschal
formuliert, meint der
Leser und Hörer, Martin Heidegger habe
in der Zeit dieser
Sätze auch in seinen philosophischen
Abhandlungen ‘so’,
also antisemitisch gedacht, was völlig
unsinnig ist. Daß
das seinsgeschichtliche Denken in seinem
inneren Gefüge und
Aufbau überhaupt nichts von einer
antijüdischen
Haltung einschließt, bezeugen die sieben großen
seinsgeschichtlichen
Abhandlungen von 1936 bis 1944, die mit
den Beiträgen zur
Philosophie beginnen und mit den Stegen des
Anfangs enden.
Address:
Prof. Dr. Friedrich-Wilhelm von HerrmannPhilosophisches Seminar
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Platz der Universität 3
79085 Freiburg i.Br., Deutschland
E-mail: friedrich-wilhelm.von.herrmann@sonne.uni-freiburg.de]
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